Maschgera – Der vergessene Brauch?

Fragt man in Schömberg die jüngeren Jahrgänge, wann g’maschgrad wird, kommen Antworten wie “am Maschgera-Tag” und “am Fasnetssamschdig”. Obwohl das Maschgera in den letzten Jahren wieder vermehrt Einzug – auch bei der jüngeren Generation – gefunden hat, so sind viele Hausbewohner positiv überrascht, wenn Gruppen auf einen Besuch vorbei kommen. In vielen Häusern war seit vielen Jahren kein Maschger mehr.

Was ist Maschgera?

Unser Wort Maschgera kommt ursprünglich vom italienischen Wort maskere (maskieren). Die Erklärung ist also einfach: Man verkleidet sich, man maskiert sich. Über die Jahrhunderte wurde der Brauch zu dem, wie man ihn heute kennt.

Man zieht verkleidet durch’s Städtle und welscht, das heißt, man sagt den Leuten auf. Ob Fehltritte aus dem vergangenen Jahr, Spontanes oder “einfach so”. Beim Welscha ist (fast) alles erlaubt.

Maschgera in Schömberg

Typische Maschgera-Tage in Schömberg waren – und sind bis heute – der Dienstag, der Donnerstag und der Samstag. Vor allem der Freitag begegnet einem allgemein in der Schömberger Fasnet nie. Am Freitag wird aufgrund des Kreuzestod Jesu Christi seit jeher geruht. So findet auch am Freitag nach dem Schmotziga keine offizielle Fasnetveranstaltung in Schömberg statt. Bis heute findet auch vor der Fasnet keine Veranstaltung an einem Freitag statt. Nur in äußersten Ausnahmen werden Narrentreffen bereits am Freitag besucht (zuletzt der Brauchtumsabend in Ratshausen 2007, da man Samstag und Sonntag in Endingen am Kaiserstuhl war). Auch andere Veranstaltungen wie der Zunftball etc. fanden noch nie freitags statt.

Doch zurück zum Thema: Freitags gingen Schömberger nicht aus dem Haus. Wenn möglich gehen Schömberger auch heute nicht freitags maschgera. Wenn es aber vorkommt, gibt es nur selten Gegenwind, die Meisten sind froh, dass überhaupt jemand maschgera geht. Auch der Samstag hat sich heutzutage fast selbstverständlich eingebürgert. Das mag allerdings auch daran liegen, dass die Meisten am nächsten Wochentag arbeiten müssen. Sowohl die Fahrt zur Arbeit, als auch die Ansprüche innerhalb der Unternehmen und seitens des Gesetzgebers haben sich verschärft.  Größere Aktionen unter der Woche sind also nur noch schwer vertretbar, wenn man keinen Urlaub nimmt.

Maschgera bei einem Hausbesuch in Schömberg

Aufwändige Maschgera bei einem Hausbesuch.

Viele traditionsbewusste Schömberger bleiben dennoch bei den “alten” Tagen. Auch ging man früher erst nach Mariä Lichtmess maschgera. Also zwischen dem 2. Februar und der Fasnet. Auch das ist heute eher nicht mehr von großer Bedeutung. Häufig ist die Fasnet zudem einfach zu kurz – wobei es dieses Problem auch schon immer gab.

Das echte Maschgera beschränkt sich in Schömberg nicht nur auf den Besuch von Wirtshäusern. Vielmehr besucht man auch Privathäuser und sagt den Anwesenden auf. Meist werden die Gruppen ins Haus gebeten und bekommen etwas zu trinken, ab und zu auch ein kleines Vesper. Viele Maschgera haben auch etwas für ihre Gastgeber dabei, sei es einen Schnaps, ebenfalls ein kleines Vesper, Gebäck oder auch materielle Dinge, die als Erinnerung an den Besuch übergeben werden. Der Kreativität sind hier keinerlei Grenzen gesetzt.

Maschgera, die bis zur Unkenntlichkeit verkleidet sind, geben sich i. d. R. nicht zu erkennen. Erst um 0 Uhr in der Nacht heben sie ihre Larve und geben sich preis. Oftmals verschwinden Maschgera aber kurz vor Mitternacht in den Weiten der Nacht. Dann beginnt das Rätseln in Schömberg, wer denn da am Tisch saß, welche Maschgera da unterwegs waren. Manchmal kommt es raus, manchmal geben sich Maschgera an der eigentlichen Fasnet zu erkennen, aber immer wieder wird es auch gar nie aufgedeckt.

Es gehört übrigens zum guten Ton, dass man als Gastgeber und Wirt die Maschgera nicht nach ihrer wahren Identität fragt. Auch wenn man einen der Maschgera erkannt hat, bleibt man in der Rolle und verweist höchstens beim Gehen indirekt darauf, dass man sie oder ihn erkannt hat.

Verkleidungen in Schömberg

Die Meisten Gruppen ziehen nach einem gemeinsamen Motto verkleidet durch’s Städtle. In der Auswahl gibt es eigentlich keine Regeln. Es gibt drei typische Verkleidungen in Schömberg:

  • zur Unkenntlichkeit verkleidet mit einem Schömberger Häs (z. B. als Fransennarr oder Fuchwadel)
  • zur Unkenntlichkeit verkleidet mit einer Fantasieverkleidung (z. B. als Jäger)
  • noch erkenntlich verkleidet mit einer Fantasieverkleidung (z. B. als Indianer, auch als Bajass)

Maschgera ziehen häufig spontan ohne größere Vorbereitung los. Dabei wird im Fasnetschrank geschaut, was es anzuziehen gibt und es geht los. Es gibt jedoch auch wieder immer mehr Gruppen, die teilweise wochen- und monatelang im Vorfeld ihre Verkleidung vorbereiten und extrem detailverliebte Verkleidungen und Accessoires anfertigen. Die Ideen mancher Gruppen sind mittlerweile berüchtigt und viele Schömberger warten bereits darauf, was es denn dieses Jahr gibt. Die Tatsache, dass sich immer mehr Gruppen diese Art vom Maschgera auf die Fahne geschrieben haben, macht die Identifizierung der Maschgera zudem deutlich schwieriger.

Tradition verändert sich

Wie bereits erwähnt, waren die typischen Tage zum Maschgera Dienstag, Donnerstag und Samstag. Trotzdem hat man die Aktivitäten rund ums Maschgera nie auf diese Tage beschränkt. Da früher nur wenige Schömberger Familien eigene Schömberger Häser wie den Fransennarr oder den Fuchswadel hatten, verkleideten sich die Fasnetsbegeisterten stets als Maschgera, um auch Teil der Schömberger Fasnet sein zu können.

Frauen waren zudem bis nach dem Zweiten Weltkrieg nicht in die aktive Schömberger Fasnet eingebunden. Jucken in einem Schömberger Häs durften nur Männer. Eine Fasnet ohne Frauen war aber schon damals nicht vorstellbar und so mussten die Frauen zwangsläufig in anderen Verkleidungen die Fasnet besuchen. Ebenso gab es ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch immer mehr Familien mit eigenen Häsern und die Fasnet entwickelte sich zu dem, wie wir sie heute in Schömberg kennen.

Durch die stetig steigende Zahl an Fransennarren und Fuchswaldel wurde das Maschgera immer weniger. Zumindest das aktive Verkleiden und Aufsagen/Welschen in den Häusern und Wirtshäusern Schömbergs.

Während an der Generalversammlung der Narrenzunft Schömberg am 5. Januar nur die Zwanzger und der Narrenrat fastnächtlich gekleidet sind, sind alle Veranstaltungen, die eine Verbindung zur Fasnet haben danach stets verkleidet besucht. Der Zunftball beispielsweise hat immer ein Motto, zu welchem sich die Gäste passend verkleiden.

Maschgera in Schömberg

Die Hauptmaschgeratage sind der Maschgera-Tag, der Schmotzig’ & der Fasnetssamschdig.

Der Maschgera-Tag

Dadurch, dass sich das Maschgera immer mehr aus dem Schömberger Fasnetsalltag verabschiedet hat, hat die Narrenzunft 2001 den sog. Maschgera-Tag eingeführt. Am Samstag vor dem Schmotziga findet dieser alljährlich statt. Um den Termin zu etablieren, wurde beschlossen, dass am Wochenende vor der Fasnet kein Narrentreffen mehr besucht wird. An diesem Beschluss gibt es kein Wanken, es gab bisher keinerlei Ausnahmen.

Tatsächlich hat sich der Maschgera-Tag mittlerweile durchgesetzt und für viele Jahrgänge und Gruppen gehört dieser Tag zu einem festen Termin vor der eigentlichen Fasnet. Fast alle Wirtschaften haben an diesem Tag ein besonderes Motto oder besondere Specials, die Stadtkapelle Schömberg bewirtet die Traube, früher das Torstüble.

An diesem Tag trifft man auch immer mal wieder Auswärtige, die den Weg ins Städtle finden, da sie an der eigentlichen Fasnet im eigenen Ort eingebunden sind. Auch Schömberger Gruppen, die man so an der eigentlichen Fasnet nicht geschlossen antrifft, da sie andere Verpflichtungen haben oder sich gemeinsame Aktionen nicht ergeben, nutzen den Tag gerne, um etwas zu unternehmen.

Der Begriff Maschgera-Tag hat sich auch durchgesetzt, obwohl i. d. R. alle Aktivitäten in den Abend- und Nachtstunden stattfinden. Warum der Tag jedoch so heißt, lässt sich nicht begründen. Vermutlich, weil der Maschgera-Obad wohl eher mit dem Fasnetssamschdig in Verbindung gebracht wird.

Maschgera während der Fasnet

Das Maschgera während der Fasnet beschränkt sich jedoch meist auf die Wirtshäuser und Umzüge. Doch denken viele Maschgera-Gruppen auch an die Daheimgebliebenen und besuchen Häuser, deren Bewohner – aus welchen Gründen auch immer – nicht auf der Fasnet sind.

Los geht’s bereits in den frühen Morgenstunden des Schmotziga. Die Kindergartenkinder und Schüler kommen im Prinzip ausnahmslos verkleidet in den Kindergarten bzw. in die Schule. Auch die Erzieher, Lehrer und Mitarbeiter der Schömberger Unternehmen sind häufig verkleidet. Dies ist teilweise nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht.

Maschgera Grundschule Schömberg Schulhof

Verkleidete Schulkinder & Lehrer bei der Schülerbefreiung am Schmotziga.

Beim Kinderumzug am Donnerstagnachmittag sind beinahe alle Umzungsteilnehmer als Maschgera verkleidet. Auch die Zuschauer am Straßenrand haben ihren Fasnetsschrank durchsucht und sich etwas Fastnächtliches angezogen.

Am Abend des Schmotziga sind traditionell alle verkleidet unterwegs. Zwar verirren sich nur noch die Wenigsten in Privathäuser, doch sind in den Wirtshäusern und auf den Straßen keine Zivilisten mehr anzutreffen. Auch zur Unkenntlichkeit verkleidete Maschgera sind am Schmotziga häufig unterwegs.

Maschgera Schömberg Kinderumzug Schmotziga

Maschgera-Gruppen während dem Kinderumzug am Schmotziga.

Auch am Fasnetssamschdig sind keine Hästräger unterwegs. Beim traditionellen Jahrgangsmaschgera sind unzählige Jahrgänge ab den 15ern bis teilweise weit über die 20er unterwegs. Die Jahrgänge haben jeweils ein jährlich wechselndes Motto und sind den ganzen Abend zusammen unterwegs. Vor allem im Waldeck und im Plettenberg sind die Jahrgänge geschlossen anzutreffen.

Beim Umzug und beim Bolanes am Fasnetssonndig, sowie bei den morgendlichen Umzügen am Fasnetsmedig sind nur noch vereinzelt Verkleidete anzutreffen. Zwar sind die Zuschauer häufig verkleidet, jedoch sind die Meisten Schömberger im Narr oder Fuchswadel unterwegs, weshalb die Maschgera nicht mehr ins Gewicht fallen.

Während früher auch bei den Umzügen wie dem Narrensprung, dem Bolanes oder dem Narrenlied viele Reihen Maschgera anwesend waren, waren jahrelang nur noch Narren- und Fuchswadelreihen zu sehen. Erst seit wenigen Jahren sind auch bei diesen Umzügen kleine Gruppen am Ende der Reihen zu sehen. Während diese heute immer mal wieder einen schrägen Blick ernten, war dies früher völlig normal und daher auch heute ausdrücklich erlaubt.

Maschgera als Bajass in Schömberg am Fasnetmedig

Eine Gruppe Bajasse am Fasnetsmedig beim Narrensprung um 8.11 Uhr.

Der Fasnetszeischdig steht dann wieder im Zeichen der freien Maschgera. Beim großen Bolanes auf dem Marktplatz nehmen zahlreiche Gruppierungen teil. Auch diese sind teilweise monatelang vorbereitet worden und die Schömberger sind schon die ganze Fasnet gespannt darauf, wie die Mottos des Vorjahres wieder getoppt werden. Der eigentliche Bolanes wird dadurch noch farbenfroher und individueller. Ein Bild, welches nur einmal im Jahr zu sehen ist!

Während aller Fasnetstage nimmt die Zahl der Nicht-Narren abends wieder deutlich zu. Viele möchten ihre Häser nicht den ganzen Abend tragen und ziehen sich um, wenn sie auf 18 Uhr ihr Gschell heimbringen müssen.

Maschgera beim Bolanes in Schömberg am Fasnetzeischdig

Buntes Treiben beim Bolanes am Fasnetzeischdig.

Maschgera-Meister Zwanzger

Das Zepter des Maschgera halten vor allem die Zwanzger jedes Jahr hoch. Es ist obligatorisch, dass die Zwanzger ab dem ersten Samstag nach Dreikönig jeden Samstag bis zur Fasnet maschgera gehen. Einzige Ausnahmen sind offizielle Samstagsbesuche der Narrenzunft auf einem Narrentreffen und der Zunftball.

Trotzdem: Geht die Fasnet lang, sind die Zwanzger bis zu sieben Mal unterwegs:

  • an allen Samstagen nach Dreikönig und dem Schmotziga (inkl. Samstag vor dem Schmotziga)
  • am Abend des Schmotziga
  • am Abend es Fasnetssamschdig

Die Zwanzger besuchen dabei im Laufe der Zeit alle Schömberger Wirtschaften und zeigen sich der Öffentlichkeit. Nicht selten tragen sie dabei Verkleidungen, welche sie die vorhergegangenen Jahre am Fasnetssamschdig getragen hatten. Häufig wird der Maschgera-Tag am Samstag vor dem Schmotziga als Höhepunkt verwendet, da i. d. R. am Meisten los ist und man sich den ganzen Tag vorbereiten kann.

Ab und zu gehen die Zwanzger auch unter der Woche in kleinern Gruppen nochmal zum Maschgera und erhöhen so die Aktivität zusätzlich. Das dürfte vermutlich niemand in der Fasnetszeit toppen, weshalb die Zwanzger die unangefochtenen Meister eines Jahres sind.

Fazit

Obwohl viele die Befürchtung hatten, dass das Maschgera in Schömberg langsam ausstirbt, muss man bedenken, dass es eine größere Bedeutung, vor allem während der eigentlichen Fasnet hat, als vielen bewusst ist. Fakt ist aber auch, dass das Maschgera unter der Woche bzw. mit dem ursprünglichen Aufsagen/Welscha stark abgenommen hat. Sicher spielt dabei der veränderte Arbeitsalltag eine Rolle, aber auch die bekannten Entwicklungen sind nicht unverantwortlich daran (mehr Geld zur Verfügung, “nichts Besonderes mehr”, Überangebot an Events etc.).

Trotzdem findet das Maschgera wieder mehr Zulauf und es sind im Prinzip in allen Wochen vor der Fasnet kleinere Gruppen unterwegs. Auch die Zwanzger tragen einen großen Teil zum Erhalt dieser Tradition bei, indem kaum ein Samstag in den letzten Jahren ohne Zwanzgerbeteiligung beim Maschgera vorgekommen ist. Die Maschgera, die heute stattfinden, sind zudem sehr aufwändig und die Gruppen, die maschgera gehen, gehen i. d. R. jedes Jahr, teilweise auch mehrfach.

Das Jahrgangsmaschgera und der Maschgera-Tag sind so etabliert, dass auch die junge Generation nach und nach herangeführt wird. Zudem finden auch immer mehr Auswärtige Gefallen an dieser Tradition. So gehen auch die Schömberger heutzutage deutlich offener mit dem Thema um und laden teilweise sogar Auswärtige und Gäste zum Maschgera-Tag oder sogar zum aktiven Maschgera ein. Zugezogene werden nicht ausgelassen, sondern aktiv eingebunden, sofern sie es wollen.

Damit das Maschgera noch mehr Bedeutung gewinnt, ist es auch wichtig, neue Leute zu motivieren und einfach mal mitzunehmen. Zumal man sowieso erkannt wird, wenn man jedes Jahr in der gleichen Zusammensetzung geht. Auch der Besuch von Häusern und Familien, die nicht zu den typischen Fasnetshäusern zählen, bringt das Maschgera vielen wieder näher und freut die Leute.

Am Ende bleibt nur wichtig, dass man diverse Freiheiten und Rechte genießt, diese aber immer nur so ausleben sollte, dass die nächste Gruppe auch noch willkommen ist. Deshalb nicht lang zögern: Freunde und Bekannt anrufen, Termin ausmachen und uff d’Gass gehen!

In diesem Sinne, eine glückselige Fasnet!

Maschgera Grundschule Schömberg